Bildsucht

Magazin für Filmkritik

Heiliger Ernst – „The Batman“ von Matt Reeves

Aus den Schatten dringt Licht; aus der Angst wird Hoffnung. Batman (Robert Pattinson) schiebt sich mit der Fackel durch die Flut, dahinter folgt ihm ein Schwarm vom Licht angezogener, gesichtsloser Bürger Gothams, die einmal mehr Opfer einer seiner Gegenspieler geworden sind. Eine helfende Hand als Geste für eine Entwicklung. Vom wütenden, selbstgerechten Rächer zum Wächter einer Stadt, die an sich selbst zu ersticken droht. Der Riddler bekommt diese kollektive Selbstvernichtung diagnostisch zu fassen und zieht Schlüsse, die im Terror münden. Er ist ein junger John Doe, ein exaltierter Zodiac. Bekritzelte Notizheftchen, irre Gedanken in einer irren Welt. Er erkennt die Masken und die Personas, die ihr anhaften, und er vermutet dahinter nichts, das wirklicher und authentischer ist als das, was sich ihm offen anzeigt. Er schält die Zwiebel nicht, denn da ist kein Kern. Batman ist nicht in Wahrheit Bruce Wayne – Bruce Wayne ist Batman.

Kurt Cobain soll Pate gestanden haben für diesen melancholischen Nachtschwärmer. Das Ruhelose, Weltschmerz-ige, ja, melancholische ist der Fledermaus jedenfalls durchgehend anzusehen. Nirvanas Something in the Way wird bei Matt Reeves allerdings zu einem Taschenspielertrick, trivialisiert das eine durch die Parallelisierung mit dem anderen. Ernst genommen werden will der Film, darum ist er zumeist zappenduster. Erwachsenenunterhaltung erkennt man heutzutage offenbar an den Lichtverhältnissen. Und wer es da noch nicht begriffen hat, sollte einmal den Stimmen lauschen: ein tiefes Flüstern hallt durch diesen Film. Das ist beizeiten okay (Batman), aber meistens arg peinlich (Gordon) und vor allem: monoton. Matt Reeves kennt nur einen Ton und nur eine Farbe. Schade.

Aber: er findet auch Schattierungen im Schwarz. Wenn die Fledermaus und die Katze sich, nach der voyeuristischen Observation, zum ersten Mal im Lack- und Leder-Kostüm gegenüberstehen, sich bekämpfen, aber irgendwie auch verführen, bekommt man eine Ahnung davon, dass ernstes Blockbuster-Kino auch Spaß machen kann, ohne sich ironisch verraten zu müssen. Die Integration von Catwoman (Zoë Kravitz) und ihr Zusammenspiel mit Batman ist ein wichtiges schattierendes Element in einem Film, der sich beizeiten an seinem eigenen Gewicht zu verheben droht. Sie am Boden, im wummernden Techno-Rektum der Iceberg Lounge, er am Bildschirm und in ihrem Ohr. Sie setzt auf ihre Verführungskünste, er auf seinen detektivischen Instinkt. Das ergänzt sich, ist filmisch interessant, bringt die Geschichte voran, etabliert die Beziehung. Großartig. Das nächste Mal, und ein nächstes Mal wird kommen, wünsche ich mir mehr davon. Damit es nicht nur kracht, sondern prickelt.

Header: © Warner Bros. Pictures