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Magazin für Filmkritik

Schwanzduell und Muttermilch – „Spieleabend“ von Marco Petry

Spieleabend: Dennis Mojen als Jan

Arm oder reich? Wen kümmert’s? Wir haben alle die gleichen Probleme. Ob im Spiel des Lebens oder beim Spieleabend: mal freuen wir uns über den nächsten gelingenden Zug, mal geht’s nach hinten los. Am Ende geht es ums Zusammensein und den Spaß. So auch die Message von „Spieleabend” von Regisseur Marco Petry. Nur Spaß macht der Film an wenigen bis gar keinen Stellen und das Zusammensein wird auch kaum fühlbar. Weder auf der Ebene des Drehbuchs noch auf der Ebene schauspielerischer Chemie. Die misslungene Umsetzung einer so unbeschwerten Message lässt – wenn auch ungewollt – deren Fallstricke offenbar werden. Auch wenn sie sich gut für Situationskomik eignen: Klassenunterschiede sind meistens nicht unbeschwert.

Der ungebildete Jan betritt beim alljährlich stattfindenden Spieleabend seiner neuen Freundin Pia eine Villa voller gut betuchter Klugscheißer. Das groteske Leben der Reichen soll uns Zuschauenden höhnische Lacher entlocken und die naiv-dümmliche Unwissenheit des Protagonisten manchen wohlgemeinten Schmunzler. Soweit, so gut. Aber die unablässige Fixierung auf Jans süßlich-charmante Rohheit und Körperlichkeit nervt irgendwann nur noch. Spätestens beim von der ganzen Familie beobachteten unverhüllten Tischtennis-Duell: Jan duelliert sich mit dem großkotzigen Ex seiner Freundin. Und zwar nackt! Schwanz gegen Schwanz. Wer verliert, muss eine ganze Flasche Chilli-Sauce exen! Die ist natürlich so scharf, dass gleich auch ein Glas Milch folgen muss. Aber Vorsicht! Die Milch im Kühlschrank ist doch … abgezapfte Muttermilch! Lustig oder einfallsreich ist das nicht.

Auch das Lächerliche gut situierter Hochkultur, konterkariert mit eigentlich nerdigen Vorlieben (wie Fantasy-Rollenspiele), wird maßlos überstrapaziert. Das Spiel mit Klischees und Vorstellungen ist genauso ausgelutscht und anstrengend wie es der ganze titelgebende Spieleabend ist. Die Charaktere sind unglaubwürdig und witzlos überzeichnet, das Tischtennis-Schwanzduell der beiden rivalisierenden Männer hatte mehr Chemie als Jan und Pia den gesamten Film über und den Schauspielern sieht man geradezu die Anstrengung an, dieses Drehbuch durchzuspielen.

Die Leichtigkeit des Films misslingt ebenso wie seine Message. Niemand hat Trotz der Unterschiede am Ende zusammen Spaß. Es sei denn, jemandem reicht schon die durststillende Muttermilch als gelungener Gag. Und über die reale weiter auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich wird kein schlechter filmischer Witz mehr hinwegtäuschen können. Auch wenn blutleere Filme wie „Spieleabend“ das weiterhin Glauben machen wollen.


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